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Energieverbrauch von Handynetzteilen

Ich habe mir vorgenommen mich konkreter mit Themen aus dem Bereich Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Mir schwirren dazu zahllose einzelne Fakten durch den Kopf, aber ich bin mir nie sicher wie die Verhältnismäßigkeit zwischen den einzelnen Maßnahmen aussieht.

Fünf verschiedene Handynetzteile liegen auf einer Tischplatte.

In diesem Post untersuche ich wie es um den Stromverbrauch im Standbymodus von Handynetzteilen steht. Dieser wird mit dem Energieverbrauch beim Kochen von Tee verglichen.

Ein klassischer Stromspartip ist dass man Geräte nicht im Standby-Modus lassen soll, sondern vollständig ausschalten. Insbesondere gilt das natürlich auch für Handynetzteile, die man nicht in der Steckdose lassen soll. Aber wie steht es damit im Vergleich zu anderen Energiesparmaßnahmen?

Ein erster Schritt ist es, zu messen wie viel Strom ein USB-Netzteil tatsächlich verbraucht. Praktischerweise haben sich bei mir im Laufe der Zeit ein paar solche Netzteile gesammelt, sodass auch Unterschiede dazwischen betrachtet werden können.

Ein Strommesgerät aus dem Baumarkt mit eingestecktem Netzteil zeigt 0W an.

Mit einem Strommessgerät aus dem Baumarkt lässt sich der Standby-Verbrauch der Netzteile nicht messen, da er zu gering ist. Wie ich stattdessen die notwendigen Messungen und Berechnungen durchgeführt habe, ist im Post “Standbystrom von Handynetzteilen messen” ausführlich erklärt.

Ergebnisse

Netzteil Standbystrom Laststrom Nennstrom Spannung an 10Ω Wirkungsgrad Auslastung
Samsung Smartphone Netzteil 0,05mA 11,6mA 1,55A 5,09V 98% 33%
Oukitel Smartphone Netzteil 0,5mA 14,4mA 1A 5,37V 88% 58%
Apple iPhone Netzteil 0,08mA 13,4mA 1A 5,13V 87% 53 %
Asus Tablet Netzteil 6,5mA 18,3mA 2A 5,09V 62% 26%
Pearl Billignetzteil 1,3mA 18,6mA 0,4A 5,30V 67% 140%

(Bei gemessenen 227V Wechselspannung aus der Steckdose)

Standbystrom

Wie man sieht variiert der Standbystrom sehr stark. Angenommen ein Netzteil ist 2 Jahre (die Laufzeit eines typischen Handyvertrags) in die Steckdose eingesteckt ergibt sich folgender Energieverbrauch:

\[0,05mA \cdot 227V \cdot 24h \cdot 365 \cdot 2 = 0,2kWh\] \[6,5mA \cdot 227V \cdot 24h \cdot 365 \cdot 2 = 26kWh\]

Ausgehend von einem Strompreis von etwa 30ct/kWh entstehen also Energiekosten zwischen 0,06€ und 7,80€.

Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad gibt an wie viel von der Energie, die der Steckdose entnommen wird, beim Handy ankommt. Mit 98% ist das Samsung Netzteil extrem gut. Bei den schlechteren Exemplaren geht ein Drittel der Energie “verloren”. Natürlich geht Energie nicht tatsächlich verloren, sondern wird nur umgewandelt. In diesem Fall wird elektrische Energie unerwünscht in Wärmeenergie umgewandelt. In der Praxis macht sich das dadurch bemerkbar, dass sich das USB-Netzteil während des Ladevorgangs merklich erwärmt.

Bewertung

Das sind jetzt sehr viele Zahlen, doch wie sind diese im Alltag einzuordnen?

Vergleich

Ich vergleiche das Ganze einfach mal mit dem Energieverbrauch beim Teekochen. Mein Wasserkocher hat eine Leistung von 1850-2100W laut Aufschrift bzw. 1830W mit dem Messgerät aus dem Baumarkt ermittelt. Mit der Stoppuhr gemessen dauert es 3:12 Minuten um einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen.

\[1,85kW \cdot (\frac{3}{60}h+\frac{12}{3600}h) \approx 0,1kWh\]

Dies stimmt ungefähr mit den angezeigten 0,09kWh des Messgeräts überein.

Ein Wasserkocher ist an ein Strommessgerät angeschlossen. Es zeig 1826W an.

Die Ergebnisse bedeuten, dass ein sehr gutes Handynetzteil, innerhalb von zwei Jahren, gerade einmal so viel Strom verbraucht, wie nötig ist um zwei Liter Wasser zum Kochen zu bringen. Ein sehr schlechtes Netzteil entspricht der Energiemenge die für 260l kochendes Wasser nötig ist. Die anderen USB-Netzteile liegen dazwischen verteilt.

Handlungsempfehlung

Falls ein sehr gutes Netzteil vorhanden ist, kann dieses guten Gewissens in der Steckdose bleiben. Es ist sinnvoller stattdessen beim Wasser kochen darauf zu achten, dass nie mehr Wasser als nötig im Wasserkocher ist. (Jedes Mal 100ml zu viel Wasser kochen entspricht schon nach 10 Kochvorgängen einem Handynetzteil das 1 Jahr lang in der Steckdose steckt.)

Ein schlechtes Handynetzteil kann mehr als 100 mal schlechter sein, als ein Gutes. Entsprechend sollte ein schlechtes Netzteil stets aus der Steckdose gezogen oder die Steckdose abgeschalten werden. In dem Fall ist es aber natürlich trotzdem sinnvoll beim Wasser kochen kein heisses Wasser zu verschwenden, auch wenn das Ausstecken wichtiger ist.

** Was die sinnvollere Maßnahme ist hängt also von der Qualität des Handynetzteils ab. **

Von außen ist nicht zu erkennen wie gut oder schlecht ein USB-Netzteil ist. (Beispielsweise hätte ich erwartet dass das Auss Netzteil besser abschneidet als das Billignetzteil.) Da eine Überprüfung für Laien nicht durchführbar ist sollten Netzteile im Zweifelsfall lieber ausgesteckt werden. Für die Zukunft wäre eine verbindliche Kennzeichnung des Standbystroms wünschenswert. (Bei z.B. Fernsehern wird der Standbyverbrauch bereits ausgeschrieben.)

Weitere Fragen

Ich habe jetzt nur den Stromverbrauch im Standbybetrieb untersucht. Interessant ist aber sicher auch noch wie sich die unterschiedlichen Wirkungsgrade über die Lebensdauer eines Netzteils auswirken.

Wenn es sehr gute und sehr schlechte Netzteile gibt, stellt sich außerdem die Frage ob es sinnvoll ist ein schlechtes Netzteil zu entsorgen und durch ein Gutes zu ersetzten.

Unsicherheiten

  • Mein digitales Multimeter verfügt über keinen TRMS Modus, entsprechend können die Messwerte verfälscht sein. Die Größenordnung sollte jedoch korrekt sein.
  • Die Standbyströme der Netzteile von Samsung und Apple sind selbst für das Multimeter sehr gering. Entsprechend ist die Messunsicherheit etwas größer.
  • Der Energieverbrauch wurde nur bei einem einzigen Wasserkocher gemessen. Andere Geräte könnten besser oder schlechter sein. Erhebliche Abweichungen sind jedoch nicht zu erwarten.
  • Der Wirkungsgrad wäre nur bei ähnlichen Auslastungen sinnvoll vergleichbar.